Montag, 1. April 1996

Begegnung in der Bibliothek

Es scheint Menschen zu geben, die eine Bibliothek für einen Ort halten, an dem man Kontakte knüpfen kann. Ich gehöre nicht zu diesen Menschen, dennoch ist mir genau das heute passiert.
Der Mann, der mir im Lesesaal gegenüber saß, musterte die Bücher, die ich zum Arbeiten an meinen Platz gebracht hatte. Mir war das unangenehm. Was geht es jemanden, den ich nicht kenne, an, an was ich gerade arbeite? Ich spürte, dass der Mann mich beobachtete. Irgendwann stand ich auf, um dieser Beobachtung zu entgehen. Wenn ich nach einer Zigarette und einem Kaffee wieder an meinen Platz zurückkäme, wäre der Mann vielleicht weg. Also setzte ich mich mit einem Becher Kaffee aus dem Automaten auf die große Treppe vor der Bibliothek und suchte in meinem Rucksack nach einem Feuerzeug. Plötzlich sprach mich der Mann, der mir noch kurz zuvor im Lesesaal gegenüber gesessen hatte, an, ob ich Feuer brauche. Ich anwortete: "Ja, bitte." Und er zündete meine und seine Zigarette an. Wir unterhielten uns, während wir rauchten. Schließlich fragte er mich, wie ich heiße. Wie so viele Leute fand auch er meinen Namen seltsam. Ich fragte ihn nach seinem Namen. Er heißt Roman. Als wir wieder in der Bibliothek arbeiteten, sah er mich manchmal an, und ich erwiderte seinen Blick.
Als ich ging, fragte er mich, ob ich morgen wieder in der Bibliothek sein werde. Ja, morgen werde wieder dort sein und dem Mann vielleicht wieder begegnen.

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