Mittwoch, 10. April 1996

Kapitel 2 - Zweite und dritte Begegnung

Am nächsten Tag ging ich wieder in die Bibliothek. Obwohl der Mann mich am Tag zuvor extra gefragt hatte, ob ich heute wiederkäme, war ich mir bis zum Schluss nicht sicher ob er wirklich da sein würde. Als ich ihn dann tatsächlich wieder dort sitzen sah, wusste ich nicht was ich fühlen sollte. Mochte ich ihn oder nicht? Zunächst ließ ich mir nichts anmerken und begann zu lesen, doch als ich nach einer Stunde Lust auf eine Zigarette hatte, warf ich ihm trotzdem einen Blick zu. Er verstand sofort, und gemeinsam setzten wir uns wieder auf die Treppe vor der Bibliothek wo wir rauchten und uns unterhielten. Es fühlte sich irgendwie nicht so an als ob dies erst unsere zweite Begegnung wäre, und obwohl da eine unerklärliche Vertrautheit war, machte Roman mich nervös. Vielleicht war es eben dieses Gefühl das mich dazu veranlasste, ihm von Herberts Begegnung mit der fremden Frau zu erzählen. Im Nachhinein war es mir peinlich - warum weiß ich auch nicht genau. Vielleicht hatte ich Angst davor was er in diese Geschichte hineininterpretieren könnte. Deswegen verabschiedete ich mich dann auch schnell.
Trotz dieses peinlichen Zwischenfalls sagte ich Ja, als Roman mich am nächsten Tag fragte, ob ich nicht mit ihm in den Coffee Shop gegenüber der Bibliothek gehen wolle, "damit ich mir einmal nicht die Hände schmutzig machen würde". Also war es ihm doch aufgefallen dass ich mir Tags zuvor schon wieder Kaffee übergeschüttet hatte. Im Coffee Shop erzählte ich ihm von meiner Dissertation, meinen Job und von meiner Familie. Er selbst erzählte auch von sich, doch ich fand es interessanter mit ihm über Kunst und Politik zu diskutieren.
Ich hatte mich selten so gut mit jemandem unterhalten, und so war ich überrascht als wir plötzlich feststellten dass es schon Mittag und somit Zeit zum Aufbruch sei.

L.S.

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