Die Leere in der Mitte
Dieser Blog ist ein Projekt des Fachs Deutsch in der Jahrgangsstufe 1 der Johann-Philipp-Bronner-Schule. Der Titelfigur von Peter Stamms Roman "Agnes" wird hier eine eigene Stimme gegeben.
Freitag, 22. Juni 2012
[Arbeitstitel]
So langsam kehrt bei Roman und mir Ruhe ein. Es ist angenehm, diese Routine, doch ich merke dass Roman immer lustloser wird. Er arbeitet schlampig und für unsere Geschichte scheint er auch nur noch mäßiges Interesse zu haben. Und wenn er schreibt, dann wiederholen sich unsere Aktivitäten des Öfteren. Diese Routine ist zwar gut für uns, doch nicht für die Geschichte, meint Roman. Und er hat Recht. Er sagte zu mir, es muss etwas Interessantes passieren und ich war mir nicht sicher ob er dass nur forderte um die Geschichte voran zu bringen oder ob er unzufrieden mit unserer Beziehung ist. Er sagt, es sei nur der Geschichte wegen und er sei glücklich. Nun, irgendwie kamen wir auf Glück zu sprechen und wie man es passend darstellt, also sind wir ins Art Institute hier in Chicago und schauten uns nach passenden Bildern um. Vor Un Dimanche d’été à l’Ille de la Grande Jatte blieb Roman dann stehen und wir betrachteten das Bild. Es wirkte seltsam. Strahlte so eine Ruhe aus und doch schien niemand wirklich glücklich zu sein. Roman und ich versuchten uns mit den Menschen auf dem Bild zu identifizieren, doch wir hatten verschiedene Ansichten. Nur über das, was das Bild ausdrücken soll, waren wir uns einig: Glück malt man mit Punkten, Unglück mit Strichen.
Sonntag, 8. September 1996
Unsere Zukunft - geschaffen durch die Geschichte !
Nach unsrem Ausflug, der nach Romans seltsamer
„Liebeserklärung“ mehr oder weniger in Schweigen endete, hat Roman sich
irgendwie verändert..
Er wollte mich ständig sehen, doch noch viel komisch war,
dass er mich ständig bei allem beobachtete, ob es nun essen lesen oder sonst
was war. Ich sagte nie was dazu und belächelte das Ganze nur, irgendwie ist
diese Aufmerksamkeit ja auch süß J
Nach einigen Tagen Funkstille lud Roman mich zum Essen ein,
doch er sagte mir dabei schon was ich anziehen solle, da unsere Geschichte nun
die Zukunft erzählte. Ich war ziemlich gespannt darauf, was Roman sich so für
unsere „Zukunft“ ausgedacht hatte und fand das alles auch noch recht witzig. Und
so trug ich (trotz Kälte!) am nächsten Tag wirklich ein blaues Kleid.
Er begann zu lesen, was wir in der Geschichte taten, und so
machten wir es auch, doch als es spannend wurde brach er ab – er wollte zuerst
essen… Ärgerlich! Ich wollte unbedingt wissen was passierte, dementsprechend
war ich auch angespannt und hastig beim Essen.
Endlich gings weiter, doch um unser „Rollenspiel“ perfekt zu
machen wartete ich wirklich erst auf Anweisungen unsres „Drehbuchs“. Die erfundene Agnes setzt sich zu Roman aufs
Sofa – so tat natürlich auch ich das. Roman fuhr fort und las eine unglaublich
romantische Version vor in der er mich bat zu ihm zu ziehen… Naja, ganz so
romantisch waren seine Blicke in echt, dann nicht.. Ich denke er hat auf eine
Antwort gewartet, als er mich anschaute, doch um unsrem „Rollenspiel“ treu zu
bleiben wollte ich erst mal wissen was „Agnes“ dazu sagt..
Die Antwort enthielt kein Ja und kein Nein, nur ein Zögern „meinerseits“,
und Roman wechselte in die Realität um weiter darüber zu sprechen - doch nicht
so poetisch wie in seiner Geschichte, fast schon schüchtern..
Wie Agnes in der Geschichte zweifelte auch ich, doch
entschied mich dann dafür!I ich verbrachte ja sowieso schon viel Zeit hier und
da mein Mietvertrag noch bis zum nächsten Frühjahr läuft, gehe ich damit auch
kein allzu großen Risiko ein!
Dennoch den Schluss wollte ich dann doch wissen ! Auch in
der Geschichte stimmte ich zu und war – dankbar ?! Warum sollte ich dafür
dankbar sein, also bei manchen Dingen muss Roman besser nachdenken wie ich in
der Realität reagieren würde, sonst kann diese Geschichte ja nichts werden !!
Dennoch endete der Abend schön- zwar nicht ganz so
romantisch wie in der Geschichte, aber manche Dinge kann man einfach nicht
vorher planen ;)
Donnerstag, 4. Juli 1996
Eine eigene Geschichte!
Eine eigene Geschichte von mir. Ich finds ne gute Idee. Anfangs wollte Roman irgend einen Mist schreiben, der auf meine Kindheit zurück greift. So weit kommt's noch! Ich versteh nicht, warum er sich so dagegen gesträubt hat. Ich tat ihm dem Gefallen und kam mit in seine 27 Stock hohe Wohnung, schaute mir diese langweilige chemische Reaktions-Vorführung an und er machte es immer noch nicht so wie ich wollte. Er sagte, er schreibe nur über unreale und oder bereits verstorbene Personen. Eine von mir würde sich sicherlich besser verkaufen, als seine Kurzgeschichten... hunder iwas mal. Das könnte ich toppen! Solange natürlich alles der Wahrheit entspricht. Naja, wenigstens hat er jetzt eine gute Basis um mit der Geschichte weiter zu machen. Wenn er sie veröffentlicht poste ich euch den Link! Scherz, die Geschichte wird niemand von euch zu sehen bekommen :-)
Montag, 1. Juli 1996
Asymmetrien
Als er aus New York zurückkam, fragte ich ihn, ob er nicht vorbei kommen will. Ich wollte ihm meine Geschichte zeigen und wollte hören, was er dazu sagt. Als er bei mir war, musste ich noch schnell das Essen fertig machen und er hat im Wohnzimmer das Foto vom Diplomabschluss gesehen. Also erzählte ich ihm von dem Abend. Wie ich Herbert kennenlernte und so. Aber jetzt zum wichtigeren Teil. Als ich ihm die Geschichte zeigte, war er irgendwie komisch. Ich hatte das Gefühl er liest gar nicht richtig und so wirklich sagen was er davon hält konnte oder wollte er auch nicht ja er reagierte schon fast zickig.. also löschte ich den Text wieder und wir gingen spazieren. Als wir wieder zu Hause waren, zeigte ich ihm meine Arbeit. Die Platten. Röntgenbilder von Kristallgittern. Sie sind einfach so faszinierend. Die geheimnisvolle Leere in der Mitte und die Symmetrieachsen die man nicht sehen kann. Er versuchte das auf unsere Beziehung zu übertragen, und meinte, dass es ja eigentlich nicht passen würde, weil wir asymmetrisch sind. Doch ich antwortete eher allgemein gehalten, dass das Leben durch Asymmetrien erst entsteht. Anschließend übernachtete er bei mir.
Dienstag, 30. April 1996
First Date-First Love ?!
First Date- First Love ?!
Die nächsten Tage sah ich Roman leider nur in der
Bibliothek. Während wir, wie die letzten Tage auch, zusammen rauchten und Kaffe
tranken , musste ich feststellen, dass er ein sehr attraktiver Mann für sein
alter war, zwar könnte er mein Vater sein dennoch fand ich Gefallen an ihm . So wartete ich jedesmal
vergeblich darauf dass er mich um eine Verabredung bittet. Selbst traute ich
mich nicht ihn darauf anzusprechen. Mochte er mich womöglich überhaupt nicht?
Sollte er den ersten Schritt machen… Oder doch
ich ?!
Erst nach Wochen lud er mich endlich zum Abendessen ein. Ein Chinese an
der Uni sollte es sein!
Ich freute mich total einen Abend mit ihn zu verbringen
(obwohl ich nicht gerne aß), noch nicht mal auf meine Musikprobe konnte ich mich
konzentrieren. Ich glaube die anderen waren ziemlich genervt von mir. Als ich
es dann endlich samt Cello zum Chinesen geschafft hatte, sah ich schon von
weitem Blaulicht…
Ich mochte keine Krankenwagen, das hat oft nichts Gutes zu
heißen. Roman stand direkt im Geschehen. Erst als ich bei ihm stand erfuhr ich,
dass es um eine tote Frau ging. Ich hasse den Tod! Er macht mir Angst… Beim Essen
versuchte ich so gut wie möglich auszusehen, schließlich wollte ich Roman
beeindrucken. Mit der Zeit unterhielten wir uns, auch über meine Angst vor dem
Tod, aber ich glaube Roman verstand nicht was ich von Tod hielt. Ich war selbst
von mir überrascht, dass ich nach dem Essen ihn nach Hause begleitete. Was
würde passieren? Konnte ich mir diese Frage denn nicht selbst beantworteten?
Nachdem er mich geküsst hatte war klar auf was es hinauslaufen würde. Es war
mein erstes Mal… Ich versuchte so sicher wie möglich aufzutreten, schließlich
wollte ich ihn nicht enttäuschen. Ich glaube dass er genauso nervös war wie
ich. Dennoch vertraute ich diesem Mann, den ich erst seid einigen Wochen kannte,
ich fühlte mich bei ihm wohl. Normal war das nicht meine Art, direkt mit einen
Mann ins Bett zu gehen, bei ihm war das irgendwie anders. Ein Fehler ?!
Was
mich störte war seine Wohnung im 27. Stock… Noch nicht mal das Fenster konnte man richtig
öffnen. Es war alles zu beengend! Zum
Glück schlief ich, nachdem wir uns unterhalten hatten endlich ein. Wir Frühstückten sogar zusammen. Es war recht
spät, so konnten wir direkt in die Bibliothek zusammen fahren. Irgendwie ein
schönes Gefühl nun gemeinsam dort hinzugehen. Könnte dies ein Anfang einer Beziehung
sein? Oder bin ich zu naiv ?
Mittwoch, 10. April 1996
Kapitel 2 - Zweite und dritte Begegnung
Am nächsten Tag ging ich wieder in die Bibliothek. Obwohl der Mann mich am Tag zuvor extra gefragt hatte, ob ich heute wiederkäme, war ich mir bis zum Schluss nicht sicher ob er wirklich da sein würde. Als ich ihn dann tatsächlich wieder dort sitzen sah, wusste ich nicht was ich fühlen sollte. Mochte ich ihn oder nicht? Zunächst ließ ich mir nichts anmerken und begann zu lesen, doch als ich nach einer Stunde Lust auf eine Zigarette hatte, warf ich ihm trotzdem einen Blick zu. Er verstand sofort, und gemeinsam setzten wir uns wieder auf die Treppe vor der Bibliothek wo wir rauchten und uns unterhielten. Es fühlte sich irgendwie nicht so an als ob dies erst unsere zweite Begegnung wäre, und obwohl da eine unerklärliche Vertrautheit war, machte Roman mich nervös. Vielleicht war es eben dieses Gefühl das mich dazu veranlasste, ihm von Herberts Begegnung mit der fremden Frau zu erzählen. Im Nachhinein war es mir peinlich - warum weiß ich auch nicht genau. Vielleicht hatte ich Angst davor was er in diese Geschichte hineininterpretieren könnte. Deswegen verabschiedete ich mich dann auch schnell.
Trotz dieses peinlichen Zwischenfalls sagte ich Ja, als Roman mich am nächsten Tag fragte, ob ich nicht mit ihm in den Coffee Shop gegenüber der Bibliothek gehen wolle, "damit ich mir einmal nicht die Hände schmutzig machen würde". Also war es ihm doch aufgefallen dass ich mir Tags zuvor schon wieder Kaffee übergeschüttet hatte. Im Coffee Shop erzählte ich ihm von meiner Dissertation, meinen Job und von meiner Familie. Er selbst erzählte auch von sich, doch ich fand es interessanter mit ihm über Kunst und Politik zu diskutieren.
Ich hatte mich selten so gut mit jemandem unterhalten, und so war ich überrascht als wir plötzlich feststellten dass es schon Mittag und somit Zeit zum Aufbruch sei.
L.S.
Trotz dieses peinlichen Zwischenfalls sagte ich Ja, als Roman mich am nächsten Tag fragte, ob ich nicht mit ihm in den Coffee Shop gegenüber der Bibliothek gehen wolle, "damit ich mir einmal nicht die Hände schmutzig machen würde". Also war es ihm doch aufgefallen dass ich mir Tags zuvor schon wieder Kaffee übergeschüttet hatte. Im Coffee Shop erzählte ich ihm von meiner Dissertation, meinen Job und von meiner Familie. Er selbst erzählte auch von sich, doch ich fand es interessanter mit ihm über Kunst und Politik zu diskutieren.
Ich hatte mich selten so gut mit jemandem unterhalten, und so war ich überrascht als wir plötzlich feststellten dass es schon Mittag und somit Zeit zum Aufbruch sei.
L.S.
Montag, 1. April 1996
Begegnung in der Bibliothek
Es scheint Menschen zu geben, die eine Bibliothek für einen Ort halten, an dem man Kontakte knüpfen kann. Ich gehöre nicht zu diesen Menschen, dennoch ist mir genau das heute passiert.
Der Mann, der mir im Lesesaal gegenüber saß, musterte die Bücher, die ich zum Arbeiten an meinen Platz gebracht hatte. Mir war das unangenehm. Was geht es jemanden, den ich nicht kenne, an, an was ich gerade arbeite? Ich spürte, dass der Mann mich beobachtete. Irgendwann stand ich auf, um dieser Beobachtung zu entgehen. Wenn ich nach einer Zigarette und einem Kaffee wieder an meinen Platz zurückkäme, wäre der Mann vielleicht weg. Also setzte ich mich mit einem Becher Kaffee aus dem Automaten auf die große Treppe vor der Bibliothek und suchte in meinem Rucksack nach einem Feuerzeug. Plötzlich sprach mich der Mann, der mir noch kurz zuvor im Lesesaal gegenüber gesessen hatte, an, ob ich Feuer brauche. Ich anwortete: "Ja, bitte." Und er zündete meine und seine Zigarette an. Wir unterhielten uns, während wir rauchten. Schließlich fragte er mich, wie ich heiße. Wie so viele Leute fand auch er meinen Namen seltsam. Ich fragte ihn nach seinem Namen. Er heißt Roman. Als wir wieder in der Bibliothek arbeiteten, sah er mich manchmal an, und ich erwiderte seinen Blick.
Als ich ging, fragte er mich, ob ich morgen wieder in der Bibliothek sein werde. Ja, morgen werde wieder dort sein und dem Mann vielleicht wieder begegnen.
Als ich ging, fragte er mich, ob ich morgen wieder in der Bibliothek sein werde. Ja, morgen werde wieder dort sein und dem Mann vielleicht wieder begegnen.
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